[Nasional-d] Mutmasslicher El-Kaida-Helfer: Kannte alle Hamburger Verdaechtige

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Fri Oct 25 20:00:13 2002


Mittwoch 23. Oktober 2002, 16:24 Uhr

Mutmaßlicher El-Kaida-Helfer: Kannte alle Hamburger Verdächtige

Hamburg (Reuters) - Im Hamburger Prozess um die Anschläge vom 11. September 2001
in den USA hat der angeklagte Marokkaner Mounir El Motassadeq enge Kontakte zu
allen anderen aus Hamburg stammenden mutmaßlichen Attentätern und deren Helfern
bestätigt.

Er räumte am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht Hamburg auch ein, an einen der
Männer Geld überwiesen zu haben, als dieser sich im Ausland aufhielt. Allerdings
bestritt der frühere Elektrotechnikstudent erneut, von den Plänen für den Anschlag
gewusst zu haben. Seine Kontakte zu den anderen Verdächtigen schilderte er als
normale Freundschaften, zu der auch die Übernahme einer Kontovollmacht gehörte.

Der 28-jährige ist der Beihilfe zum Mord in mehr als 3000 Fällen und der
Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung angeklagt. Nach jüngsten
Angaben der US-Behörden geht die Bundesanwaltschaft inzwischen davon aus, dass bei
den Anschlägen unter anderem auf das New Yorker World Trade Center und das
US-Verteidigungsministerium 3045 Menschen getötet wurden. Die Ankläger sehen in El
Motassadeq einen wichtigen Helfer bei der Vorbereitung der Anschläge.

El Motassadeq bestätigte die ihm in der Anklage vorgehaltenen Kontakte zu jenen
Moslems in Hamburg, die sich dort aus Sicht der Bundesanwaltschaft um den
Anschlagspiloten Mohamed Atta mit engen Verbindungen zum El Kaida-Netzwerk des
Moslem-Extremisten Osama bin Laden zusammengeschlossen hatten. Die beiden anderen
späteren Piloten der entführten Flugzeuge, Marwan Alshehhi und Ziad Jarrah, habe
er in der Al Kuds Moschee in Hamburg-St. Georg kennen gelernt.

Der Anklage zufolge war Motassadeq der Statthalter der Gruppe in Hamburg in
Abwesenheit anderer Mitglieder. Der 28-Jährige bestätigte, von dem aus den
Vereinigten Arabischen  Emiraten stammenden Alshehhi 1999 eine Generalvollmacht
bekommen zu haben, um in dessen Abwesenheit dessen persönliche Angelegenheiten zu
regeln. Er habe sich mit der Vollmacht auch die Befugnis über Alshehhis Konto
besorgt, sagte El Motassadeq.

ENDE 2000 ÜBERWEISUNGSAUFFORDERUNG PER FAX AUS DEM JEMEN

Ende 2000 habe er dann ein Fax von dem vor kürzlich verhafteten Ramzi Binalshibh
aus dem Jemen bekommen. Darin sei er aufgefordert worden, 5000 Mark von Alshehhis
Konto auf das Konto Binalshibh bei der Hamburger Citibank zu überweisen. Das Geld
sei für Alshehhi bestimmt, der sich nach Darstellung Motassadeqs damals in
Afghanistan aufhielt. "Ich habe gedacht, dass Alshehhi in Afghanistan Geld
braucht", sagte er. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft dienten die Überweisungen
Motassadeqs zur Finanzierung der Pilotenausbildung von Atta, Alshehhi und Jarrah
in den USA. Der in den USA in Untersuchungshaft sitzende Binalshibh soll
möglicherweise als Zeuge in Hamburg aussagen.

Den noch flüchtigen mutmaßlichen Attentatshelfer Zakariya Essabar traf der
Angeklagte nach eigenen Angaben im Sommer 2000 zufällig in einem militärischen
Trainingscamp in Afghanistan. Dass er seinerzeit selbst für drei Wochen eine
Schießausbildung in einem der maßgeblich von El Kaida organisierten Lager erhielt,
hatte El Motassadeq am Dienstag zum Prozessauftakt zur Überraschung von Gericht
und Bundesanwälten zugegeben.
Allerdings hatte er ausschließlich religiöse Motive für das Training genannt, weil
der Koran eine Militärausbildung von gläubigen Moslems fordere.

Auch die Bekanntschaft mit dem späteren Piloten Jarrah hatte er in polizeilichen
Vernehmungen bestritten. "Ich hatte Angst, das zuzugeben", sagte Motassadeq vor
Gericht. Wie am ersten Prozesstag zeigte er sich kooperativ und beantwortete
bereitwillig alle Fragen des 3. Strafsenats unter Vorsitz von Richter Albrecht
Mentz und der Bundesanwälte.

FREUNDE REISTEN VOR DEN ANSCHLÄGEN NACH AFGHANISTAN

Der Angeklagte berichtete, Essabar und der ebenfalls noch flüchtige Said Bahaji
hätten sich Anfang August 2001, also wenige Wochen vor den Anschlägen, nochmals
auf den Weg nach Afghanistan gemacht. Was aus ihnen geworden sei, wisse er nicht.
Bahaji, mit dem er besonders eng befreundet war, habe ihn Anfang September
angerufen, vermutlich aus Pakistan, und habe gesagt, er mache dort gerade ein
Praktikum, erklärte El Motassadeq.

Der Prozess, für den mehr als 160 Zeugen benannt sind, soll mehrere Monate dauern.
Dem Angeklagten droht im Fall einer Verurteilung eine lebenslange Haftstrafe.